Care- und Awarenesskonzept Klimacamp 2022 – Klimacamp

Care- und Awarenesskonzept Klimacamp 2022

Dieses Care- und Awarenesskonzept wurde von der Leben am Camp AG 2021 überarbeitet, um eine Basis für einheitliche Handlungsweisen zu schaffen (letztes Update durch die Leben am Camp AG am 18.05.22), Handout für Menschen am Klimacamp.

Aus der Campvereinbarung (2021): Am Klimacamp sollen sich alle wohl und sicher fühlen. Wir sind recht viele Menschen auf dem Camp, seid also wachsam und passt auf euch und auf einander auf. Schließlich wollen wir alle eine schöne Zeit miteinander verbringen. Das Camp ist kein Ort für Rassismus, Rechtspopulismus, Sexismus, Homophobie oder jede andere Form der Diskriminierung. Refugees welcome.

Da uns aber bewusst ist, dass Fälle von Diskriminierung und Gewalt auch auf einem Klimacamp geschehen können, haben wir uns auf dieses Care-& Awareness Konzept geeinigt, um dem so gut wie möglich zu begegnen.

Care- & Awareness Team: Erreichbarkeit & Schichten

Beim Klimacamp ist das CareTeam durch die lila Westen gekennzeichnet, während dem Programm (10-22 Uhr) über das Carehandy, das Infozelt und das Care-Zelt erreichbar. Wenn möglich, können auch Nachtschichten vergeben werden.

Das CareTeam ist teilweise über das Gelände verteilt. Es kann, wie als Besucher*in, am Campleben & Workshops teilgenommen werden. Dennoch ist das CareTeam immer ansprechbar. Wenn benötigt, ist es die vordergründige Aufgabe, sich dem Problem/Konflikt zu widmen.

Am besten teilt sich das Team in Schichten auf, in der jeweils möglichst zwei Personen zusammen sind, damit in konkreten Situationen eine Hauptansprechperson sein kann und die andere weitere Aufgaben übernehmen kann (z.B. jemanden holen, ablösen, Freund*innen anrufen). Bei der Übergabe kann eine kurze Besprechung abgehalten werden. Wenn Vorfälle allerdings nicht relevant für die nächste Schicht sind, ist es besser, die Anonymität der Betroffenen zu wahren. Was wir weitererzählen, möglichst anonym halten. Was weitererzählt wird, sollte auch mit den Betroffenen zuvor besprochen werden.

Die Carepersonen sollten während ihrer Schicht drogenfrei bleiben, also keinen Alkohol oder andere Drogen konsumieren, damit sie in schwierigen Situationen überlegt reagieren und betroffene Personen angemessen unterstützen können. Wichtig ist trotz unseres Anspruchs, Menschen zu unterstützen, die grenzüberschreitendes Verhalten erfahren haben, auch auf uns selbst zu achten. Deshalb können auch wir uns jederzeit aus Situationen zurückziehen, eine Pause machen und natürlich auch nach Hause gehen, wenn wir nicht mehr können. Dabei sollte das OrgaTeam benachrichtigt werden, damit die Schicht ggf. anders verteilt wird.

Nach den Schichten werden “Erfahrungsberichte” in ein Dokument (docs) geschrieben und so mit dem Team geteilt, ansonsten ist eine Übergabe / Vorbesprechung vor Beginn der schicht sinnvoll, die alle anwesenden Menschen des Awareness-Teams miteinschließt. Bei Bedarf werden Plenas organisiert, z.b. Nachbesprechungen sollte es zu einem Vorfall kommen.

Umgang mit betroffenen Personen

Wenn es zu Vorfällen kommt, bei denen das CareTeam helfen kann, ist es wichtig zu wissen, dass in jeder Situation individuell reagiert werden kann / muss.

Wenn uns jemand anspricht und unsere Unterstützung sucht, hören wir zu und stellen deren Erleben nicht infrage und lassen uns auch auf keine Diskussion darüber mit der übergriffigen Person ein. Wir erfragen, was die betroffene Person jetzt braucht und wie wir unterstützen können. Wir können zurückhaltende Angebote machen (z.B. ein offenes Ohr, Freund*innen holen, Absprachen mit den übergriffigen Personen treffen, das Care-Zelt als Rückzugsraum anbieten). Außerdem können wir, auf den Wunsch der betroffenen Person hin, der übergriffigen Person klarmachen, was nicht okay war und, dass das nicht mehr vorkommen soll.

Wir können bei Aussprachen zwischen der betroffenen und der übergriffigen Person dabei sein. Wir können gewünschte Personen kontaktieren, die vorbeikommen sollen, um die betroffene Person zu unterstützen oder sie abzuholen. Wir können der betroffenen Person ein Taxi rufen oder sie nach Hause begleiten. Wir können den Frauennotruf oder Beratungsstellen kontaktieren. Wir können in medizinischen oder psychischen Notfällen den Krankenwagen rufen (dies kann allerdings eine Zwangseinweisung zur Folge haben). Gibt es eine akute Gewalt- oder Übergriffssituation, sollte diese als erstes beendet werden. Wenn wir uns nicht ganz sicher sind, unternehmen wir nur nach Rücksprache mit den Betroffenen weitere Schritte. Wir können zum Beispiel fragen: „Ist alles in Ordnung?“, „Ist das gerade okay für dich?“ und anbieten, gemeinsam aus der Situation rauszugehen, sich gemeinsam zu wehren oder anderes.

Aufgabe des CareTeams ist es, einen Rahmen zu schaffen, in dem die betroffene Person sich wohl fühlt. Das kann u.a. heißen, dass sie zur Ruhe kommen kann, ihr Selbstwertgefühl gestärkt wird und sie ihre Handlungsfähigkeit wiedererlangt. Es geht darum, das Gefühl von Ohnmacht und Ausgeliefertsein zu überwinden und zu vermitteln, dass persönliche Grenzen – egal, wo sie liegen, völlig okay sind. Die Definition, was eine Grenzverletzung ist, liegt bei der Person, deren Grenze verletzt wurde.

Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf Diskriminierung und Gewalt, auch anders als wir es möglicherweise erwarten. Deswegen ist es wichtig, darauf zu achten, was die betroffenen Personen brauchen und wie wir sie unterstützen können und, dass wir keine Entscheidungen ohne sie treffen. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass sie von Menschen mit ähnlichen Diskriminierungs- oder Gewalterfahrungen unterstützt werden wollen. Dann soll dies nach Möglichkeit umgesetzt werden. Die betroffene Person entscheidet selber, mit welcher Person sie über was sprechen möchte. Wir stellen das Angebot, welches aufgenommen werden kann.

Umgang mit grenzüberschreitenden Personen

Wenn es die betroffene Person will, können wir in akuten Situationen übergriffige Personen des Camps verweisen, auch ohne Rücksprache mit dem OrgaTeam. Im Zweifelsfall können Menschen der Gesamtkoordination hinzugezogen werden. Wenn eine Person vom Campgelände verwiesen wurde, wird das Team darüber informiert und gemeinsam wird darauf geachtet, dass er*sie nicht wiederkommt.

Wenn die betroffene Person wünscht, dass die übergriffige Person nicht des Camps verwiesen wird, akzeptieren wir das, auch wenn wir persönlich anderer Meinung sind. Auf diese Weise respektieren wir die Entscheidungsfreiheit der betroffenen Person.

Menschen, die gegen klar festgehaltene Regeln (bspw. Oben-Mit) verstoßen, können von uns aufgefordert werden, das Camp zu verlassen. Wenn Personen, trotz klarer Kommunikation unsererseits, mehrmals grenzüberschreitendes Verhalten zeigen, nehmen wir uns das Recht vor, gemeinsam im Plenum im größtmöglichen Konsens weitere Maßnahmen (z.B. das Verweisen aus dem Camp) durchzusetzen.

Weiterleitende Möglichkeiten

Wenn wir das Verhalten von betroffenen Personen persönlich oder ideologisch nicht akzeptieren können, müssen wir das nicht. Um als dennoch kooperativ zu bleiben, versuchen wir, die Person an andere Menschen des CareTeams weiterzuleiten. Selbiges gilt für Situationen, in denen wir in dem Moment nicht handlungsfähig sind und/oder uns überfordert fühlen.

Es gibt Situationen, die unsere Handlungsmöglichkeiten überschreiten und die wir in unserer Rolle nicht lösen können. In solchen Fällen ist es unsere Aufgabe, professionelle Hilfe einzuschalten. Informationen und Telefonnummern dazu gibt es am Care-Ort und im Infozelt.

Campplenum

Bei Vorfällen mit vielen Zeug*Innen bleibt die Möglichkeit, im Einvernehmen mit der betroffenen Person, Vorfälle in einem Campplenum zu thematisieren.

Im Abschlussplenum werden wir einen Bericht über unsere Arbeit abgeben. Am Ende des Klimacamps soll es auch eine Nachbesprechung mit allen Teammitgliedern geben, auch um das Konzept ggf. weiter zu verbessern.

Care-Zelt

Das Care-Zelt steht für alle Besucher*Innen offen (10-22Uhr). Er kann auch genutzt werden, um Ruhe zu finden. Falls er von uns für Konflikte oder ernstere Themen gebraucht wird, können wir Besucher*innen bitten, es zeitweilig zu verlassen.

„Unlösbare“ Konflikte

Bei über längeren Zeitraum immer wieder auftauchenden, sich scheinbar nicht lösbaren Konflikten, suchen wir im CareTeam gemeinsam nach Lösungen.

Rückhalt im Orgateam

Das Awarenesskonzept wird dem Gesamtorgaplenum vorgelegt, diskutiert und nach dem Prinzip des Konsent besprochen.

Das Awarenesskonzept wurde von der Leben am Camp AG 2021 und unter anderem auf Basis eines Textes von Losgehts verfasst und hat von der Leben am Camp AG 2022 ein Update bekommen. 

Weiterführende Informationen: https://wiki.fridaysforfuture.is/wiki/Awareness_OG_Leitfaden https://passau.klimacamp.eu/awareness-konzept.pdf